Das Vogtland als Pilgerort internationaler MusikgrößenMundharmonika der Firma C. A. Seydel Söhne Foto: C. A. Seydel Söhne

Wie der Mundharmonikaklang im Vogtland verzaubert

KLINGENTHAL/GREIZ. Die für das Vogtland bezeichnende Sinfonie der Natur mit ihrem perfekt abgestimmten Zusammenspiel zwischen Tradition und Natur entfaltet sich nirgends anschaulicher als im Musikinstrumentenbau. Es waren die hochwertigen Holzarten der Region – wie Fichte oder Bergahorn – welche die Ansiedlung des über 350 Jahre alten Handwerks überhaupt erst ermöglichten. Obwohl das Sägen und Schleifen des Holzinstrumentenbaus bald verstummte und in eine bis in die Gegenwart beständige Mundharmonika- und Akkordeonbautradition überging, leben die Vogtländer die Symbiose zwischen Tradition und Natur weiter. Idyllische Städtchen wie Markneukirchen oder Klingenthal laden Musikinteressierte aus aller Welt auf eine musikalische Entdeckungsreise durch Erlebniswerkstätten, Manufakturen und Museen ein, die, von außergewöhnlichen Veranstaltungen und Festivals flankiert, den verzaubernden Klang des Vogtlands zelebriert.

Handgefertigte Qualität aus dem Vogtland

Besonders der beschauliche Grenzort Klingenthal an der sächsisch-böhmischen Grenze hat sich weltweit einen Namen als Musikstadt gemacht. Weit über die europäischen Sphären hinaus ertönen die klangvollen Mundharmonikas von C. A. Seydel Söhne. Die seit 1847 in liebevoller Handarbeit hergestellten Blasinstrumente treffen vor allem in den Blues-Bars der USA einen Nerv, wie Geschäftsführer Lars Seifert verrät: „Klingenthal hat sich bei US-Musikern zu einem kleinen Musik-Mekka entwickelt. Wir bekommen immer wieder Anrufe von Spielern, die in Deutschland auf Tour oder Urlaubsreise sind, aber für unsere Manufaktur noch einmal einen Abstecher ins Vogtland machen wollen.”
Eine große Überraschung ist diese Begeisterung für die Firma nicht, schließlich ist C. A. Seydel Söhne die älteste noch produzierende Mundharmonikafirma der Welt. Hier entstehen ein einzigartiger Klang und hochwertige Instrumente, denen legendäre Musiker, Sammler und Musik-Enthusiasten gleichermaßen verfallen sind. Selbst der ehemalige US-Präsident Barack Obama ist Besitzer einer Seydel-Mundharmonika – überreicht wurde diese von Grammy-Gewinner und Blues-Legende Charlie Musselwhite, der seine rauchigen Töne ausschließlich den Seydel-Harps entlockt. Dennoch: bei einem Besuch der Manufaktur bleiben derartige Bilder der Seydel-Musiker im Treppenhaus die einzigen Einblicke in die Erfolgsgeschichte. Eine Schaumanufaktur werden Besucher hier trotz des anhaltenden Interesses nicht vorfinden – und dafür gibt es gute Gründe, wie Lars Seifert weiß: „Wir sind nur 30 Mitarbeiter und darunter sind absolute Spezialisten. Da ist jede Minute wertvoll, die wir in unsere Qualität stecken wollen.“ Nur so entsteht ein Klang, der die Welt erobert.

Gänzlich auf einen Blick in die Manufaktur verzichten müssen Besucher jedoch nicht. Bei Sonderveranstaltungen und dem jährlichen „Mundharmonika Live Festival“ öffnet auch C. A. Seydel Söhne seine Tore. Auch Musikvereine und Orchester erhalten exklusive Einblicke hinter die Kulissen. „Bei diesen Besuchern reichen zwei Stunden kaum aus, denn die Musiker interessieren sich für jeden einzelnen Schritt und kommen mit einem unglaublichen Wissensdurst zu uns“, sagt Seifert. Dann greift sogar der Chef selbst zu Anschauungszwecken mal zu einer Mundharmonika – obwohl er das professionelle Spielen lieber „den echten Künstlern“ überlässt.

Talenteschmiede des Musikinstrumentenbaus

Nachwuchsprobleme haben die kleinen Manufakturen trotz der hochspezialisierten Arbeit nicht – zu groß ist die Begeisterung für dieses seltene Gewerbe. Die tief verwurzelte Tradition, eigene Ausbildungsprogramme, als auch die Lehrangebote der Westsächsischen Hochschule Zwickau in Markneukirchen sowie der Berufs- und Berufsfachschule in Klingenthal bringen beständig neue Spezialisten hervor. Daneben sind es vor allem Musiker, die sich als motivierte Quereinsteiger ihren Weg in die Firmen erarbeiten. Dank dieser vielen talentierten Hände deckt C. A. Seydel Söhne aktuell 20 bis 25 % des Weltmarktes ab. „Wir dulden weder Billigprodukte noch schlechte Qualität, sondern wollen hochwertige Instrumente mit einem mitreißenden Sound. Mit Folk, Country und Blues sind die USA unser Hauptmarkt, aber wir merken, dass wir auch in Asien immer beliebter werden. Das Bewusstsein für Qualität und einzigartige Klänge entwickelt sich“, sagt Lars Seifert.

Jahrhundertealte Tradition wird weitergelebt

Vom Vogtland in die Welt – ein solcher Durchbruch wäre ohne die ungewöhnliche Entstehung dieses Handwerks nicht möglich gewesen. Während der Geigenbau vor über 350 Jahren im Vogtland Einzug hielt, beginnt die Erfolgsgeschichte des Mundharmonikabaus 1829. Für Xenia Brunner, Leiterin des Musikinstrumenten- und Wintersportmuseums in Klingenthal, ist diese Entwicklung historisch gesehen neben dem kulturellen Erbe auch eine wirtschaftliche Errungenschaft: „Bedingt durch den Dreißigjährigen Krieg verließen die Protestanten das benachbarte Böhmen und brachten den Musikinstrumentenbau nach Klingenthal. Immer mehr Einwohner und deren Familien ernährte der wachsende Musikinstrumentenbau. Aktuell profiliert sich die Herstellung in der Entwicklung hochwertiger Solisteninstrumente.“ Wer ihr zuhört, weiß: Die Stadt lebt heute ihre Musik und Geschichte. Besucher verstehen sehr schnell, dass der historische Musikinstrumentenbau wenig mit den romantischen Bildern beschaulicher Manufakturen zu tun hatte, sondern von ganzen Familien in mühevoller Heimarbeit und zu einem Hungerlohn bewerkstelligt wurde. Immerhin: Der Musikinstrumentenbau verhalf Klingenthal zu einem bescheidenen Wohlstand, einer Infrastruktur und einem neuen Selbstbewusstsein als Musikstadt.

Heutzutage finden die Arbeiten in modernen Manufakturen statt und vom einstigen „Armenhaus Sachsens“ ist in dem idyllischen Ferienort nichts mehr zu spüren. Ihre Freude an der Musik zelebrieren die Klingenthaler bei Wettbewerben und Festivals. Der Internationale Akkordeonwettbewerb findet Ende April 2018 bereits zum 55. Mal statt und das Internationale Mundharmonika-Live Festival lädt vom 12. bis 17. September zum 17. Mal Spieler und Musikbegeisterte ein. Spätestens zu solchen Events, wenn Klingenthal erneut zum Pilgerort internationaler Musikgrößen wird, erklingt die Sinfonie des Vogtlands wieder in voller Lautstärke.

Service:

17. Internationales Mundharmonika-Festival “Muha-Live”

Vom 12. bis zum 17. September verwandelt sich die Musikstadt Klingenthal wieder in ein internationales Mekka der Harmonikaspieler und -liebhaber. Mundharmonika-Spieler aus der ganzen Welt erleben die vielen Möglichkeiten auf der Mundharmonika Musik zu machen und mit Künstlern, Mundharmonika-Liebhabern und Musikenthusiasten zu sprechen oder auch selbst zu musizieren. Dank seines einzigartigen Charmes wird das „Muha-Live“zu einem unvergessenen Erlebnis. Daneben bietet die älteste Mundharmonikafabrik der Welt mit dem Wettbewerb SEYDEL open Spielern die Möglichkeit, sich auf einer Bühne vor Publikum und mit professioneller Begleitung zu präsentieren.

www.mundharmonika-live.de

Hintergrund:

Der länderübergreifende Tourismusverband Vogtland ist mit seinen über 300 Mitgliedern die touristische Dachorganisation des sächsischen und thüringischen Vogtlands. Die familienfreundlichen Freizeiteinrichtungen, die von natürlichen Gegensätzen geprägte Landschaft und der historisch verwurzelte Musikinstrumentenbau ziehen besonders Familien, Aktivurlauber und Musikliebhaber in die Region. Eingebettet zwischen idyllischen Tälern, weiten Wiesen und rauen Bergketten präsentiert sich das Vogtland als Sinfonie der Natur – als perfektes Zusammenspiel zwischen Musik, Mensch und Natur.

Pressemitteilung Tourismusverband Vogtland @30.08.2017