Die Mumie von Heinrich LII. Reuß Köstritz jüngerer Linie.Die Mumie von Heinrich LII. Reuß Köstritz jüngerer Linie. Quelle: A.Nerlich "Die Mumie des Generals"

Heinrich LII. war der Sohn des Grafen Heinrich XXIII. Reuß zu Schleiz- Köstritz und dessen Gemahlin Gräfin Ernestine von Schönburg-Wechselburg

GREIZ. Heinrich LII. j. L. wurde 1763 in Köstritz geboren. Nach der obligatorischen Kavaliersreise trat er wie sein Vater als Unterleutnant in den Militärdienst bei der pfälzisch-bayrischen Armee in Zweibrücken/Pfalz ein.
Diese militärische Laufbahn wählte er zu seinem Beruf. 1780 wurde er Leutnant im damaligen

  1. Infanterie-Regiment „Kurprinz“. Im Alter von 20 Jahren kaufte er 1784 eine Hauptmannstelle von einem dienstuntauglichen Grafen. 1791 beförderte man ihn zum Major und 1799 war er schon Oberst und Vertrauter des
  2. späteren ersten bayrischen Königs Maximilian I. Joseph.
  3. Als er Maximilian I. nach München begleitete, war er einer der ersten bekennenden Protestanten
  4. am Münchner Hof, zu dieser Zeit keine Selbstverständlichkeit. Erst 1821 bildete sich offiziell die erste protestantische Kirchgemeinde in München. Zum Gemeindevorstand gehörte Heinrich LII.
  5. In leitender Stellung nahm er am 2. Koalitionskrieg gegen Frankreich teil. 1800 zeichnete er sich mit seinen Grenadieren im Gefecht bei Neuburg an der Donau besonders aus, so dass ihm 1800 das Militär-Ehrenzeichen verliehen wurde. Nach Beförderung zum Oberst im Leib-Regiment nahm Reuß 1800 an der unglücklichen Schlacht bei Höhenlinden teil. Obwohl er im Zuge der Kämpfe zu St. Christoph bei Wasserburg/Inn schwere Verluste hinnehmen musste, erwähnte General Zweybrücken ausdrücklich dessen vorzügliches Betragen. 1803 bat er um Entlassung, da er den Soldatenstand als eine Abscheulichkeit erkannte. Aber schon ein Jahr später wurde er wieder in die Infanterie berufen. 1805 war er als Berater am Allianzvertrag zwischen Maximilian I. Joseph und Napoleon beteiligt, nach welchem sich die bayrischen Truppen mit den französischen Truppen vereinigen mussten. 1806 wurde dem Generaladjudant und königl. bayerischer Feldzeugmeister Graf Heinrich LII. j. L. Reuß das Kommandeurkreuz des Militär-Max-Joseph-Ordens verliehen. 1807 nahm er als Chef des Generalstabs des Oberkommandos der 2. Division am Feldzug gegen Preußen und Russland teil. Auch beim Erfurter 3. Kaisertreffen mit Napoleon 1808 stand er an der Seite seines Königs. Sogar auf dem Wiener Kongress war er vertreten.

Bis zum Tod Maximilians 1825 war der nunmehrige Prinz ( Erhebung des Hauses in den Fürstenstand 1825) immer als Berater an seiner Seite. Er hatte damit bedeutende Position am bayrischen Hof und war sehr angesehen in der bayrischen Königsfamilie. 1842 ordnete der bayrische König an, zu Ehren Heinrich LII. zwei Bastionen der Festung Germersheim mit dem Ehrennamen „Reuß“ zu benennen. In Germersheim gibt es zudem eine nach den Vorwerken benannte Reußstraße.
Engen Kontakt hielt er immer zur Köstritzer Familie, besonders zu seiner Nichte Jenny.
Er war auch Erzieher des Kronprinzen Ludwig I. – des späteren Königs Ludwig I.
Nach dem Tod von Maximilian I. diente er dem Nachfolger König Ludwig I. weiter bis zu seinem Ausscheiden aus dem Militärdienst 1827. Als Fürst lebte er weiterhin in München am Maximilian Platz Nr. 7 (früher Nr.1326) später dann in der Briennerstraße 41.
1848 beteiligte er sich an der Gründung eines Waisenhauses und des Münchner Handwerkervereins.
1851 starb er an den Folgen einer Lungenentzündung in München, unverheiratet und kinderlos.
Auf seinen Wunsch wurde er in der Familiengruft im Schloss Dötting bei Wackerstein a.d. Donau beigesetzt.
Schloss und Gruft sind in der heutigen Gemeinde Pförring im Kreis Eichstätt Bayern erhalten.
Ein Münchner Pathologe hat die Mumie diese bayerischen Generals aus dem 19. Jahrhundert untersucht 160 Jahre nach seinem Tod.

Erstaunliches Ergebnis: Der Mann war bis zu seinem Tod im gesegneten Alter von 88 Jahren fit und gut ernährt. Dass ein Tuberkulose-Erreger in ihm schlummerte, dürfte er nicht gewusst haben.
Nachdem er 1851 im hohen Alter von 88 Jahren gestorben war, geriet der Graf in Vergessenheit. Er hatte keine Kinder, und sein kleines, ehemals selbstständiges Fürstentum gibt es ja schon lange nicht mehr. Es liegt heute im Land Thüringen. 160 Jahre lang schlummerte der Leichnam in der Jordan-Gruft, benannt nach einer befreundeten Familie, in der kleinen Gemeinde Dötting-Wackerstein.
Als aber die Gruft vor einigen Jahren saniert werden musste, kamen fünf Särge zum Vorschein.
Alle fünf nahm Andreas Nerlich, Chef-Pathologe am Klinikum München-Bogenhausen, zur Untersuchung mit in sein Labor. Der bayerische Militär war als erster an der Reihe. „Natürliche Trocknung, keine Verwesung“, hielt Nerlich erst einmal fest. Dann untersuchte ein ganzes Team an Wissenschaftlern die Mumie auf Herz und Nieren. CT, Autopsie, Röntgen, Histologie, selbst eine DNA-Analyse folgte. In Brust und Bauchraum wurden Fenster zur Probenentnahme gesägt.
Am Ende stand fest: Heinrich der 52. hatte sich gesund ernährt, er litt nicht an Osteoporose, wohl aber an einigen, damals wohl typischen Gebrechen. Seine Halsschlagader wies Verkalkungsprozesse auf und Tuberkulose hatte er sich auf einem seiner Feldzüge, die ihn zum Beispiel bis Warschau führten, auch geholt. Sie war aber nicht die Todesursache, berichtet Nerlich. Der Pathologe hat in der Untersuchung von Mumien einige Übung. Er hat auch schon den „Riesen von Tegernsee“ untersucht – den bedauernswerten, 2,35 Meter großen Thomas Hasler, der 1876 qualvoll starb.
Auch die 1200 Jahre alten Gebeine der Klostergründer von Tegernsee, Adalbert und Otkar, lagen schon auf seinem Seziertisch. Gegen den Vorwurf der Leichenfledderei verwahrt sich der Mediziner. Ihn treibt die wissenschaftliche Neugier um. Früher habe er schon mal ägyptische Mumien untersucht. Das sei aber aufgrund politischer Umstände nicht mehr möglich.
Nerlichs Forscherteam fand an seiner Wirbelsäule eine medizinische Besonderheit: einen faustgroßen kalten Abszess. Der General hat ihn wahrscheinlich nie bemerkt. Doch in der Eiterkapsel war sogar der Tuberkulose-Erreger noch nachweisbar – dabei hatte der General seine Tbc vollständig ausgeheilt. „Die Tuberkulose war oft ein Todesurteil, bei ihm aber nicht“, sagt Nerlich. Die eigentliche Todesursache war eine Lungenentzündung.
Seine Erkenntnisse hat Andreas Nerlich in einem Buch veröffentlicht. („Die Mumie des Königs General“)
Der General ruht nach einer feierlichen Zeremonie mittlerweile längst wieder in der sanierten Gruft, ebenso wie die vier anderen Särge mit Abkömmlingen der Familie Jordan.
In der Grabstätte ist auch ein eineinhalb-jähriges Mädchen namens Karolina, das 1816 auf einer Reise mit ihren Eltern in Neapel gestorben war. Die Organe des Kindes wurden entnommen und in Alkohol eingelegt – so war der Leichnam für die lange Rückreise präpariert. Auch über mysteriöse Tier-Mumien rätselten die Forscher. Jetzt steht fest: Es waren drei Marder, die irgendwann irgendwie in Gruft und Sarg eindrangen – und dort verendeten.

Quellen;
Buch „Die Mumie des Königs General“ von A. Nerlich
Buch: „Spuren im Land“ F.W. Trebge

Helga Reber @27.05.2019