Die Bergkirche St. Marien zu SchleizÜberwältigend gestaltet sich der Blick in die Schleizer Bergkirche. Aufnahme von Juli 2016.

Die Bergkirche Schleiz gehört zu den bekanntesten und prächtigsten Kirchen des Vogtlandes

SCHLEIZ. Die Bergkirche Schleiz gehört zu den bekanntesten und prächtigsten Kirchen des Vogtlandes. Auf einem Höhenzug der Stadt Schleiz gelegen, ist die Bergkirche samt Bergfriedhof weithin sichtbar. Das Gotteshaus verbindet in wunderbarer Weise künstlerisch-historische Zeugnisse der Epochen Romanik, Gotik, Barock – bis hin zum Historismus.
Ein besonderes Erlebnis für Einheimische und Touristen gleichsam ist eine Führung durch die Kirche, samt Annenkapelle und Fürstengruft mit der Bergkirchnerin Ulla Enderlein. Seit 2001 kümmert sich Frau Enderlein um die großen und kleinen Geschicke der Kirche. Zudem betreibt sie umfangreiche Recherchen historischer Art, die schon manches Geheimnis des geschichtsträchtigen Gotteshauses lüfteten.

Ein Team von ehrenamtlichen Bergkirchenführern betreut die Gäste aus aller Welt während der Öffnungszeiten und zu besonderen Anlässen.

Das Rad zwei Mal zu erfinden, ist nicht ratsam: Der Kunstführer “Die Bergkirche Schleiz”, erschienen im Verlag Schnell & Steiner GmbH Regensburg, gibt in kompetenter und verständlicher Form alles wieder, was Architektur, Historie und Hintergrundfakten beinhaltet. Ebenso der Flyer “Die Evangelische Bergkirche St. Marien zu Schleiz” – eine kurze Beschreibung der Baugeschichte und Ausstattung.

Anregungen und Auszüge aus beiden Publikationen finden Einzug in den folgenden Text:
Seit dem 12. Jahrhundert wird der ursprünglich slawische Ort Schleiz deutsch besiedelt. Bereits im Jahr 1297 wird Schleiz als Stadt bezeichnet; 1318 gelangte die Stadt in den Besitz der Vögte von Gera. Diese waren Nachkommen der Vögte von Weida. Unter der Reußen-Regierung blieben die Schleizer bis zum Jahr 1918. Das im Jahr 1919 vereinte Gebiet der ehemaligen Fürstentümer Reuß Jüngere Linie und Reuß Ältere Linie ging im Jahr 1920 in den Staat Thüringen über.
Die Bergkirche Schleiz kann auf eine lange Baugeschichte zurückblicken. Sie besteht aus einem einschiffigen Langhaus und einem langgestreckten Chor, an dessen Nordseite sich ein Turm erhebt und an dessen Südseite sich die St.-Annenkapelle befindet.
Von einem romanischen Bau (2. Hälfte des 12. Jahrhunderts) ist das unvollständige Sandsteinportal der Westseite noch erhalten. Anfang der 1980er Jahre wurde es ergänzt und 2012 restauriert. Über dem Portal befinden sich zwei Reliefs – Christus als Guter Hirte und in einem Kreisfenster das Lamm Gottes.

Dem 14./15. Jahrhundert entstammt das einschiffige Langhaus; Emporen und Gewölbe kamen nach einem Umbau nach 1622 dazu. Das Schiff erhält Licht aus acht Maßwerkfenstern. Ein gotischer Triumphbogen vermittelt zum Chor. Auf eine gemeinsame Bauzeit blicken Chor, Turm mit dem Wendelstein und die zwischen der Annenkapelle und dem Chor gelegene Sakristei zurück.
Die nach 1622 unter Heinrich Postumus begonnene Bauzeit brachte eine umfassende Erneuerung des Kircheninneren durch die Schleizer Bürgerschaft mit sich. Die Weihe des neuen Altarbaus fand am 11. November 1635 statt – im gleichen Jahr verstarb der reußische Herrscher.

So verblieb die Kirche – abgesehen von gelegentlichen Reparaturen oder nach den napoleonischen Kriegen, in denen sie als Pferdestall, Gefängnis und Lazarett diente und teilweise stark verwüstet wurde. Eine gründliche Sanierung erfolgte in den Jahren 1896/1897 auf Kosten der fürstlichen Schatulle und aus Mitteln der Kirchgemeinde. Umfangreiche Restaurierungs-und Sanierungsarbeiten fanden unter Mitarbeit des Instituts für Denkmalpflege und zahlreicher Helfer aus der Kirchgemeinde in den Jahren 1979 bis 1983 statt.

2001 begann an der Südseite des Chors die Sanierung des vom Schwamm befallenen Dachstuhls, die bis zum Jahr 2009 dauerte. Von 2004 bis 2007 erfolgte der Neubau der Orgel unter Beibehaltung des historischen Gehäuses durch Orgelbaumeister Bernhard Kutter aus Ruhla. In den Jahren 2007/2008 wurde die Neue Burgkische Gruft hinter dem Turm zu einem Erbbegräbnis rückgebaut. Zwei Jahre später erfuhr der Westgiebel eine Festigung und Sanierung.

Eine umfassende Sanierung der Fürstengruft erfolgte in den Jahren 2008 bis 2015. Die Begräbnisstätte wurde dabei umgestaltet und die prunkvollen Särge der Grafen und Fürsten Reuß restauriert.

An den Wänden des Chorraumes findet man Bildnisse von Melanchton, Hus und Luther – auch eine Vielzahl von Porträts Schleizer Superintendenten seit dem 16. Jahrhundert.
Der Pfarrstand an der Südwand des Chores wurde von Superintendent Hartung jun. gestiftet. Auf dem Dach des Gestühls ist das Gleichnis vom Weinberg dargestellt.

Der prunkvolle Altar wurde im Jahr 1635 – mitten im Dreißigjährigen Krieg – vollendet. Im Jahr 1631 begann Bildhauer Lorenz Thal mit der Fertigung – zunächst als Epitaph für Heinrich Reuß den Mittleren. Nach Thals Tod im Pestjahr 1633 vollendete Gabriel Neuner das Werk – die Wappen schnitzte Johann Balbierer. Der Altar zeigt im Mittelteil den Gekreuzigten mit Maria und Johannes. Der vom Auferstandenen mit der Siegesfahne bekrönte Aufsatz enthält das Bild der Verklärung Christi von Paul Keil, nach einem Kupferstich von Matthäus Merians. Das Porträt von Heinrich Postumus in der Predella – unterhalb des Altargemäldes – und die Inschriften herum wurden angebracht, nachdem das ursprüngliche Gemälde während der französischen Besatzung 1806 gestohlen worden war.

Das Burgksche Epitaph ist das größte Schnitzwerk der Bergkirche und in den Bogen vor der Turmkapelle eingearbeitet. Die Figuren stellen die Familie Heinrich II. Reuß zu Burgk dar. Das Epitaph wurde in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts von Hans Balbierer gearbeitet und vom Maler Martin Jacobi gefasst – beide sind die bedeutendsten Schleizer Künstler.
Die Turmkapelle birgt das erste Grabmal der Bergkirche – die Tumba Heinrich des Mittleren von Gera aus dem Jahre 1500. Mit dem Begriff Tumba wird ein Hochgrab bezeichnet, meist aus Sandstein, das keinen Leichnam beinhaltet.
Die fürstliche Betstube, auch Fürstenstand genannt, befindet sich gegenüber des Burgkschen Epitaphs. Sie ist mit königlichen Gestalten des Alten Testaments verziert.

Der um 1490 geschaffene Kanzelkorb ruht auf einer Konsole. Der Schalldeckel mit dem Gemälde des Gnadenstuhls wurde von Paul Keil 1627 angebracht. Die Kanzel zeigt neben Christus die Evangelisten und großen Propheten des Alten Testaments.
Links neben der Kanzel befindet sich das Epitaph für die im Kindbett verstorbene Anne Dorothea Slevogt.
Der kunstvolle Kronleuchter mit einer Darstellung der fünf klugen Jungfrauen mit ihren brennenden Lampen und Christus als Bräutigam stammt aus dem Jahr 1687 und ist eine Stiftung der Eltern von Anne Dorothea Slevogt.

Majestätisch erhebt sich die Orgel über der Westempore. Ihre Geschichte lässt sich bis in das Jahr 1445 zurückverfolgen. Zunächst hatte sie ihren Platz an der Stelle des späteren Fürstenstuhls an der Südseite der Bergkirche. Die großen verschließbaren Flügel wurden von Paul Keil kunstvoll bemalt. Bernhard Kutter aus Ruhla baute in den Jahren 2004 bis 2007 ein mechanisch gesteuertes Orgelwerk mit 24 Registern ein.

Die Annenkapelle, einst Begräbniskapelle der Familie Kospoth, mit ihren wertvollen Grabsteinen und dem seltenen Sterngewölbe über dem Altar kann ebenfalls besichtigt werden. Hier findet man auch Hans von Kospoth, den „Pestmann“ von Schleiz. Durch eine spätgotische Pforte ist die Annenkapelle mit der Bergkirche verbunden. Im Jahr 1903 wurde sie nach dem Entwurf von Hofbaurat Arno Köhler erneuert.

Mehr als 90 Familienmitglieder der Grafen und Fürsten zu Reuß sowie angesehene Bürger der Stadt Schleiz wurden in der Bergkirche beigesetzt. An sie erinnern Epitaphien, Grabdenkmale für einen Verstorbenen an einer Kirchenwand oder einem Pfeiler. Oft sind sie künstlerisch aufwändig gestaltet. Die Fürstengruft wurde in den Jahren 2008 bis 2015 mit viel Aufwand saniert und umgestaltet. Die prunkvollen Särge der Grafen und Fürsten Reuß wurden liebevoll restauriert.

Fazit:
Ein Besuch der Bergkirche zu Schleiz ist ein unvergessliches Erlebnis. Auf diesem Weg einen herzlichen Dank an Bergkirchnerin Ulla Enderlein, die mit umfangreichen Fach-und Hintergrundwissen, viel Einfühlungsvermögen und einem Schuss Humor die Führung zu einer spannenden Reise in die Vergangenheit werden ließ.

Service:
Von Mai bis November wird die Bergkirche gern für Gottesdienste, Konzerte und Gemeindeveranstaltungen genutzt.

Service:
Öffnungszeiten für Besucher:
1. Mai bis 31. Oktober
Dienstag – Sonntag
14.30 – 16.30 Uhr
an allen Feiertagen in dieser Zeit
14.30 – 16.30 Uhr
Karfreitag – Ostermontag:
14.30 – 16.30 Uhr

Gruppen – Besichtigungen und Führungen bedürfen ganzjährig grundsätzlich der Anmeldung.

Tel.: 03663 42 26 66 oder per mail: bkschleiz@gmx.de

1. November – 30. April
und außerhalb der regulären Öffnungszeiten:
Spontane Besichtigung durch Einzelpersonen auf der Durchreise: Anfrage unter: 03663 42 26 66

Für die bloße Besichtigung der Kirche außerhalb der Öffnungszeit erbitten wir eine Spende in die vorhandenen Spendenbüchsen.
Die Zeit der Mitarbeitenden gegen Ihren Obolus für die Erhaltung der Kirche

Weitere Informationen unter www.bergkirche-schleiz.de
Antje-Gesine Marsch @07.08.2016